Alpin AG der RFGS

5:55 Uhr. Ich wache auf und das ganz ohne Wecker. Alle anderen schienen noch zu schlafen als ich mich aus dem Massenlager der Berghütte schleiche, in der wir die letzte Nacht verbracht haben. In einer Stunde gäbe es erst Frühstück wusste ich, also ging ich nach draußen, um die Aussicht ins Tal hinunter ein bisschen zu genießen. Doch leider war es so neblig, dass man nur ein paar Meter weit sehen konnte.
Nach dem Frühstück als alle so langsam wach waren packten wir unsere Ausrüstung für den Tag zusammen und marschierten los. 1. Ziel des Tages: Ein paar Kletterfelsen an einem kleinen Bergsee. Herr Jahnke (Martin) und Herr Hansen (Alfred) bereiteten Seile vor an denen wir das selbständige Abseilen üben konnten. Erst machten wir zur Wiederholung eine Trockenübung an einem schrägen Hang den man auch hinunter laufen konnte. Dort zeigte Martin uns wie wir uns einbinden sollten und wie man sich richtig nach unten ablässt. Anschließend konnten wir uns an Seilen über die Kanten der Felsen mehrere Meter in die tiefe selbst abseilen. Nachdem sich jeder ein Paar mal abgelassen hatte und alle es flüssig beherrschten wechselten wir zum „Top-Rope“- Klettern was wir schon am vorherigen Tag gemacht hatten. Dabei bindet man sich in ein Seilende ein, welches oben am Felsen umgelenkt wird, währen man am anderen Ende von einer zweiten Person gesichert wird. Sobald man oben am Umlenkpunkt angekommen ist, hängt man sich ins Seil und die sichernde Person lässt einen langsam wieder nach unten ab. Im Unterschied zum Tag davor hatten wir aber nicht die eleganten und sehr engen Kletterschuhe an, sondern zur Übung die schweren Bergstiefel.
Nachdem wir ein paar Stunden an den Felsen kletterten, packten wir unsere Sachen und machten uns auf zum Hauptziel des Tages: Der Chanzelgrat. Der Aufstieg zum Einstieg war für sich schon eine kleine Herausforderung. Nicht nur dass es gegen Ende ein recht steiler „Wanderweg“ war, wir hatten es auch noch geschafft gleich am Anfang, im dichten Nebel, vom, nur durch Steinmännchen markierten Pfad, abzukommen. Im Gegensatz zur vermeintlich einfachsten Lösung, wieder zum See zurückzugehen wurde beschlossen nach GPS und Karte, durch wegloses Gelände parallel zum eigentlichen Weg zu gehen, um nicht die gewonnen Höhenmeter wieder zu verlieren.
Der Einstieg zum Chanzelgrat war dann ein Sattel von etwa fünf Meter breite. Links und rechts waren nur Nebel Schluchten zu sehen. Ein eindrucksvoller Ausblick, trotz Nebel. Vorne und hinten gingen die Felsen nach oben an denen wir uns gleich entlang hangeln würden. Doch zuerst, Mittagspause. Nachdem wir unsere Verpflegung verzehrt hatten, machten wir uns daran unsere Ausrüstung vorzubereiten. Klemmkeile, Schlingen, Karabiner. Der Materialaufwand wurde deutlich größer, da wir jetzt nicht mehr im Top-rope, sondern als Seilschaften kletterten. Hierbei muss einer den Vorstieg und das damit verbundene Risiko übernehmen. Zur Absicherung gegen einen Absturz müssen Fixpunkte am Felsen angebracht werden. Wir bildeten zwei Seilschaften. Die erste Seilschaft führte unser Teamer Alfred an und suchte uns für jede Seillänge einen geeigneten Standplatz, an dem wir von ihm gesichert werden konnten. Anschließen kletterten wir von ihm gesichert nach. Wenn wir an diesen Standplätzen ankamen, fixierten wir uns dort und Alfred ging die nächste Seillänge an. Es waren so etliche Felstürme zu überklettern. Die zweite Seilschaft, mit Martin an der Spitze ging nach dem gleichen Schema vor.
Während wir an dem Grat entlang kletterten, konnten wir ein grandioses Naturschauspiel beobachten. Die Wolken, die uns den gesamten Vormittag mit Nebel gestraft hatten, bewegten sich langsam weiter und man konnte beobachten, wie sie sich über den Grad wanden und dann zeitweise einen eindrucksvollen Anblick frei gaben. Auf der einen Seite des Grates war alles frei und der Blick war frei bis ins Tal, während auf der anderen Seite dichtester Nebel herrschte und man nur einige Meter in die Nebelwand blicken konnte.
So erreichten wir nach etlichen Seillängen den höchsten Punkt, unseren Gipfel. Warum wir das Abseilen am Morgen nochmal so intensiv geübt hatten, wurde jetzt auch klar. Irgendwie muss man hier auch wieder runter kommen. Also ging es am Ende der Tour daran uns abzuseilen, so wie wir es bereits am Morgen geübt hatten. Nur mussten wir uns jetzt zwei ganze Seillängen mit gehörigem Tiefblick abseilen. An sich war das kein Problem. Alle eine Seillänge runter, uns alle am Felsen wieder fixieren, Seil abziehen am neuen Stand durch fädeln und wieder abseilen. Unterbrochen wurde die Abseilfahrt noch durch eine Passage, bei der die Wegfindung nicht ganz klar war. Nach einem kurzen Quergang, an dem unsere Teamer ein Fixseil für uns angebracht hatten, an dem gesichert wir entlang gehen konnten, wurde der Standplatz für die letzte Abseilpiste eingerichtet an der es senkrecht, in die tiefe gleitend, wieder in normal begehbares Gelände ging.
Von nun an mussten wir nur noch zurück zur Hütte wandern. Diesmal auch über den richtigen „Weg“, bzw. Pfad. Wir kamen auch wieder an unserem Übungsplatz vom morgen vorbei und ein paar von uns beschlossen noch im See baden zu gehen.
Der weitere Abend verlief recht unspektakulär. Wir packten alle schon unsere Ausrüstung für den nächsten Morgen und was wir nicht mitnehmen wollten, mussten wir zusammen räumen. Alle gingen bald darauf ins Bett, denn der Wecker für den nächsten Morgen war auf 4:30Uhr gestellt, denn am letzten Tag unserer Tour wollten wir den Gipfel des Grassen besteigen. Eine Bergtour mit ganz anderem Charakter und Ansprüchen wie die Kletterei heute.
Freitag 4:30Uhr. Zeit zum Aufstehen. An diesem Tag war ich nicht mehr so motiviert aufzustehen wie am Vortag und nutzte noch jeden Moment, den ich konnte im Bett. Aber sonderlich viel Zeit hatten wir nicht dafür. Alles musste gerichtet werden, die Schlafplätze geräumt und die letzten Sachen eingepackt werden. Um 5 Uhr gab es dann Frühstück und gegen halb 6 machten wir uns auf den Weg.
Der erste Teil unseres Wegs war noch recht einfach, erst über Bergpfade und später wieder über Blockgelände. Das ging so lange bis wir am Gletscher angekommen sind. Hier war jetzt eine andere Ausrüstung wie am Tag zuvor angesagt. Dort zogen wir unsere Steigeisen und die Gurte an und nahmen die Eispickel zur Hand. Wir bildeten wieder Seilschaften, aber von der Taktik ganz anders, wie am Tag zuvor. In gleichmäßigen Abständen von 8m waren wir mit Karabinern in Seilknoten eingehängt. Gleichzeitig gehend am leicht gespannten Seil liefen wir los. Dies, um zu verhindern das jemand, wenn wir über den Gletscher gehen, in einer Gletscherspalte verschwindet.
Als wir am oberen Ende des ersten Gletscherbeckens angekommen sind positionierten wir uns am Rand des Gletschers an einer Felswand, wo wir einen 25m hohen Felsriegel erklettern mussten, der zum Grad bzw. auf einen weiteren Gletscher hoch führte. Martin stieg hier wieder vor und sicherte uns dann von oben mit dem Seil. Oben angekommen ging es weiter abwechselnd in Gehgelände über Felsen und Gletscher, weswegen wir oft die Steigeisen an- und ausziehen mussten, bis wir am Gipfel angekommen waren. Auf dem Gipfel machten wir eine Pause, um etwas zu essen und die Aussicht zu genießen, bis wir uns wieder auf den Rückweg machen mussten.
Zurück gingen wir den Weg, den wir schon kannten. Wir seilten uns an der Kletterstelle ab und marschierten wieder als Gletscherseilschaften die Eisfläche des Gletschers hinunter. Dort unten am Fuß des Gletschers konnten wir das ganze Equipment wieder im Rucksack verstauen. Unterhalb vom Gletscher hatten wir noch das ein oder andere Schneefeld zu passieren. Als wir wieder an der Hütte angekommen sind waren die meisten schon sehr erschöpft und zur allgemeinen Stärkung spendierte Martin allen noch ein Stück Kuchen, bevor wir unsere übrigen Sachen zusammen sammelten und den Abstieg von der Hütte angingen.
Über die Rückfahrt gibt es nur wenig zu berichten. Die meisten nutzten sie, um zu schlafen.
Da ich jetzt meinen Abschluss hier an der RFG gemacht habe, war das zwar meine letzte Tour mit der Alpin AG, aber ich werde mich definitiv mit Freuden an diese Zeit erinnern als der Beginn eines wunderbaren Hobbys, das ich hoffentlich noch lange ausüben werde. [Colin]